Die Ökologie des Wattenmeeres
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Die Dünen

Mit dem Meer assoziieren viele Menschen zugleich den Strand. Auch wenn Küste nicht immer gleichbedeutend mit Sand ist, im Wattenmeer besteht der weitaus größte Teil der Küste aus Sand und auch der Meeresboden besteht aus Unmengen von Sand; bei Ebbe lassen sich trockenfallende Sandbänke ausmachen - logisch, dass die Kraft der Wellen, die Brandung, Sand an die Küste spült.

Unter ökologischen Gesichtspunkten soll zunächst die horizontale Gliederung dieses Küstenlebensraumes betrachtet werden. Die Gliederung der eher vom Schlick und Bewuchs geprägten "Grünen Küste" der Nordsee wird unter Vorland & Salzwiesen beschrieben.



Abb. 1: Bildung von Dünenlandschaften an der Nordseeküste (Gliederung). Weißdünen = Sekundärdünen, Grau- und Braundünen = Tertiärdünen. Die Salzkonzentration nimmt mit steigendem Abstand zum Meer ab, Humus(Boden-)bildung und Stickstoffspeicherung zu. 
Der starke Wind verhindert an der Nordseeküste die an der Ostseeküste typische Bewaldung. Das eingeregnete Süßwasser"kissen" mischt sich kaum mit dem Salzwasser, weil das Salzwasser schwerer ist und deswegen nicht aufsteigt. Das brackige Grundwasser drückt von der Süßwasserblase der Insel in das Meer. Schichtungen von Wasser unterschiedlichen Salzgehaltes lassen sich gut mit einem kleinen Versuch (Abb. 4) anschaulich machen.

Abiotische Faktoren des Lebensraumes:
Die Gezeiten schichten im Flachwasserbereich bis 20m Tiefe ständig den Sand, die bei weitem häufigste Sedimentart, um. Auch die Flüsse, die in die deutsche Bucht münden, spülen eine große Sedimentfracht ins Meer - darunter auch gemahlene Gesteine aus dem Landesinneren - Sand. Sobald dieser Sand trocknet, zum Beispiel bei Ebbe, löst sich der Zusammenhalt der Sandkörner, und der an der Küste oft steife Wind verlagert den Sand landeinwärts.
Vom Wind und von der Brandung aufgeschobene Sandwälle werden erhöht, verlängert, und wandern den Strand entlang. Häufig werden durch die extreme Wellengewalt von Sturmfluten deutlich größere Sandwälle um- und aufgebaut, die wegen des hohen Wasserstandes weit Strandeinwärts liegen. Sie werden durch die normalen Gezeiten nicht mehr der Erosion unterworfen und können von ersten Pionierpflanzen besiedelt werden - und diese Pflanzen bilden Windschatten, in dem sich weiterer Sand ansammelt. Der Wind weht diese Sandwälle mit Hilfe der Vegetation zu Primärdünen auf. Diese wandern, solange sie nicht weitestgehend bewachsen und durchwurzelt sind, langsam mit dem Wind Richtung Land. Es ergeben sich parallel zur Küste verlaufende Sandwälle, die im Laufe der Zeit zu Dünenketten angehäuft werden. Zwischen den Dünenketten befinden sich die Dünentäler.
Abb. 2: Strandprofil bei Norddorf / Amrum. Das Wasser hat sich wegen der Ebbe weit zurück gezogen, die kleinen schwarzen Punkte auf dem breiten Strand sind Strandkörbe.

Das nebenstehende Foto zeigt ein typisches Strandprofil der meerzugewandten Seite einer Nordseeinsel: nach dem Spülsaum folgt der recht breite Sandstrand und dann die Dünenlandschaft. Bis auf einige Senken sind die Dünen fast vollständig bewachsen und so ein sehr effektiver Küstensschutz. Die nicht bewachsenen Dünenteile sind Ausblasungszonen von parabolisierenden Weißdünen: Durch Vertritt von Menschen und Wühltätigkeit von Kaninchen gibt es in der Hauptwindrichtung (westliche Winde) hufeisenförmige vom Wind ausgeblasene Sandsenken. Der freigelegte Sand wird in Lee des Dünenrisses abgelagert, die Düne wird so abgeflacht und landeinwärts verlagert. Mitunter ist eine Wiederbesiedlung durch besonders zähe überwehungsresistente Gräser möglich. In der ausgewehten Wanderbahn der Düne entsteht ein sekundäres Dünental, das, im Gegensatz zu primären Dünentälern, die parallel zur Küstenlinie verlaufen, in der Hauptwindrichtung (West / Nordwest) verläuft.

Besiedlung

Sobald der Sandwall eine gewisse Höhe über der Hochwasserlinie erreicht hat und nun nicht mehr regelmäßig von der Brandung durchgewühlt wird, finden sich rasch erste besiedelnde Pflanzen ein. Sie müssen ganz erhebliche Salzkonzentrationen ertragen können, da Spülsaum und Vordüne (siehe Abb. 1) bei Hochwasserständen überflutet werden. Verbreitete Besiedler sind z.B. Strandquecke (Agropyron junceum), Stranddistel (Eryngium maritimum) oder Strandsalzmiere (Honkenya peploides).

Bald folgen Strandhafer und Strandroggen. Diese Pflanzenpioniere sorgen mit ihren Wurzeln für die Verfestigung des Sandes und bieten Windschatten, in dem sich weiterer Sand anlagert. Die Pflanzen werden durchaus vom Sand verschüttet, wachsen aber mit dem Anwachsen der Primärdüne mit in die Höhe. Es können regelrechte Horste und Wurzeletagen gebildet werden. Aus der Primärdüne wird langsam eine steilkuppige Weißdüne, die Sekundärdüne. Diese kann bis zu 10m Höhe ereichen und hat meist eine charakteristische Sichelform. Da sie noch nicht Flächendeckend bewachsen ist, kann sie rückseitig auch wieder abgebaut werden, während sie vorne weiter aufgebaut wird. Es entstehen Wanderdünen, die viele Meter im Jahr wandern können. Pott 2003 nennt ein Beispiel: "Am Westkopf der Insel Juist haben die Haakdünen im verlauf von 800 Jahren ein mindestens 1,2 km breites Salzwiesengebiet "überwandert"". Auf der Rückseite von halbwegs gut befestigten Sekundärdünen kann sich schon erster Humus ansammeln, außerdem wäscht der Regen das Salz im Sand langsam aus: Es lassen sich andere Pflanzenarten nieder, die eine geringere Toleranz gegenüber Salzionen haben. Da wären z.B. Silbergras (Corynephorus canescems), Sandsegge (Carex arenia), die Kriechweide (Salix repens), der Scharfe Mauerpfeffer (Sedum acre), das Gänsefingerkraut (Potentilla Arenaria), der Strandbeifuss (Artemisia maritima) oder der sehr seltene Hornmohn (Glaucium flavum). Diese Düne heißt dann Graudüne, bei weiterer Aussüßung und weiterem Gras- und Moosbewuchs wird sie zur Braundüne: Hier ist schon ein deutlicher Humushorizont zu erkennen. Nun besiedeln verschieden Zwergstrauchgesellschaften die Düne, verfestigen den Boden und gehen in der Regel in ein Dünental über. Verbreitete Pflanzenarten sind z.B. die Krähenbeere (Empetrum nigrum), Sanddorn (Hippophae rhamnoides), die Hundsrose (Rosa rugosa) und die Beesenheide (Caluna vulgaris). Grau- bzw. Braundüne bilden die Tertiärdüne (siehe Abb. 2). Für größere Gehölze wie Kiefern, die im Ostseeraum durchaus die Tertiärdünen besiedeln können, sind die Westküstendünen zu windexponiert.
In den Dünensenken und -tälern können sich Feuchtgebiete und Moore entwickeln.


  

  4. 

Abb. 3: Hornmohn (Glaucium Flavum); Strandroggen (Elymus arenarius); Echtes Labkraut (Galium verum), Gänsefingerkraut (Potentilla Arenaria), untere Reihe: Andelrasen (Pucinellia maritima) mit Scharfer Mauerpfeffer (Sedum acre), Strandbeifuss (Artemisia maritima)

Abb. 4: Der Schichtungsversuch: Das mit Lebensmittelfarbe gelb angefärbte Salzwasser vermischt sich nicht mit dem Süßwasser, das oben schwimmt. Eine kleine Schicht Brackwasser ist dazwischen sichtbar (hellgelb).


Der Strandwall

Auch ohne ausgeprägte Dünenbildung gibt es zum Beispiel an der Küste Föhrs einen 20-100m breiten Uferstreifen, der vom Übergang von den nassen salzreichen Lebensbedingungen zum trockenen Landleben geprägt ist. Innerhalb weniger Meter können Besiedlung und Artenzusammensetzung stark variieren.


Abb. 5: Strandwall an der Südküste von Föhr von Land aus gesehen, der Strandwall ist rückwärtig dicht bewachsen

Wie in Abb.5 erkennbar ist der rückwärtige Teil des Strandwalls, der durch stärkere Sturmfluten und Sandverwehungen aufgebaut wurde und nur wenig höher liegt als das umgebende Land, rückwärtig stark bewachsen mit Schilf und Dünengräsern wie Strandhafer (Ammophila arenaria) und Strandroggen (Elymus arenarius) oder Sandsegge (Carex arenaria). Landwärts schließen sich salzverträgliche Wiesengesellschaften an, seewärts wachsen die Gräser bald nur noch Pulkweise, um sich dann im Sandstrand zu verlieren- der ist zu starken physikalischen Umwälzungen unterworfen, als dass sich eine Pflanzendecke etablieren könnte. Im Wesentlichen erfolgt der Übergang der Lebensräume dem oben beschriebenen Schema an den Dünenküsten, jedoch auch durch die teilweise größtmögliche landwirtschaftliche Nutzung ist die Artenvielfalt stark eingeschränkt. An weniger strömungsexponierten Küsten wie der Ostküste Amrums kann das Land auch unvermittelt in Salzwiesen und schließlich Schlickwatt übergehen.



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